Das Vertragsrecht ist häufig die Grundlage unseres alltäglichen Lebens. In vielen Situationen sind wir bereits einen Vertrag eingegangen oder müssen einen Vertrag eingehen. Der bekannteste und täglich am häufigsten eingegangene Vertrag ist vermutlich der Kaufvertrag. Jedoch gibt es neben diesem noch viele weitere unterschiedliche Vertragsarten, die zum Teil alle eigenen rechtlichen Voraussetzungen beinhalten. Wir erklären Ihnen das Vertragsrecht.
Was sind Verträge?
Verträge sind nichts anderes als Vereinbarungen mehrerer Parteien. Parteien können hierbei Menschen, Unternehmen, Organisationen oder Staaten sein. Aus diesem Grund heißen die vertragsschließenden Parteien auch Vertragsparteien. Ein Vertrag ist somit ein mehrseitiges Rechtsgeschäft, bei dem bei der Schließung ein Schuldverhältnis entsteht. Aus diesem Schuldverhältnis gehen bestimmte Rechte und Pflichten hervor, die die Vertragsparteien einhalten müssen.
Das Schuldverhältnis
Ein Schuldverhältnis bezeichnet eine rechtliche Beziehung zwischen mindestens zwei Personen. Eine Person ist dabei der sogenannte Gläubiger, welcher berechtigt ist, eine im Vertrag festgelegte Leistung von der anderen Person, dem sogenannten Schuldner einzufordern. Beispiel: Sie gehen in ein Bekleidungsgeschäft und schließen in diesem Geschäft einen (Kauf-)Vertrag über einen Pullover. Sie haben sich somit dazu verpflichtet, den Kaufpreis des Pullovers zu bezahlen, während sich das Geschäft dazu verpflichtet, Ihnen den Pullover auszuhändigen.
Verschiedene Verträge
In unserem Alltag müssen wir zwischen verschiedenen Verträgen unterscheiden. In Deutschland gilt die Privatautonomie, also die Vertragsfreiheit und die Möglichkeit, dass jeder mit jedem einen Vertrag abschließen kann, worüber er will. Je nachdem, welche Leistung mithilfe des Vertrages erbracht werden soll, wird zwischen verschiedenen Vertragstypen unterschieden, von denen einige auch im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) stehen. Aufgrund der Privatautonomie können allerdings auch Verträge geschlossen werden, die das Gesetz nicht kennt oder bei denen gesetzliche Vorgaben miteinander verbunden oder abgewandelt werden. Verträge, die dabei gesetzlich geregelt sind, werden als typische Verträge bezeichnet.
Kaufvertrag (§ 433 BGB)
Der Kaufvertrag ist einer der typischsten und häufigsten Verträge, mit denen wir alltäglich in Berührung kommen. Wenn Sie einen Kaufvertrag als Käufer abschließen, verpflichten Sie sich dazu, den vereinbarten Kaufpreis zu bezahlen und die damit verbundene Sache anzunehmen. Der Verkäufer hingegen verpflichtet sich zur Herausgabe der Sache.
Mietvertrag (§ 535 BGB)
Ein weiterer sehr häufiger Vertrag aus unserem Alltag ist der Mietvertrag. Dieser Mietvertrag verpflichtet den Vermieter dazu, dem Mieter die Mietsache während der Mietzeit zu überlassen. Den Mieter verpflichtet der Vertrag zur Zahlung des vereinbarten Mietzinses.
Arbeitsvertrag (§ 611a BGB)
Ein weiterer Vertrag, den beinahe alle kennen sollten und selbst mindestens einmal im Leben bisher unterschrieben haben: der Arbeitsvertrag. Auch dieser Vertrag zählt zu den typischen Verträgen und ist eine spezielle Form des Dienstvertrages. Der Arbeitsvertrag verpflichtet den Arbeitnehmer zur Leistung weisungsgebundener und fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit. Dabei wird festgelegt, welche Arbeit, wie, wann und wo diese durchgeführt wird. Der Arbeitgeber hingegen ist zur Zahlung der vereinbarten Vergnügung verpflichtet.
Dienstvertrag (§ 611 BGB)
Der Arbeitsvertrag zählt zu den sogenannten Dienstverträgen. Ein Dienstvertrag verpflichtet die Vertragspartei, welche einen Dienst zusagt, zur Leistung dieses Dienstes, während die andere Vertragspartei zur Vergütung dieses Dienstes verpflichtet wird. Alle Arten von Diensten können dabei in einem Dienstvertrag festgehalten werden.
Tauschvertrag (§ 480 BGB)
Nicht jeder Vertrag muss immer mit einer Bezahlung einhergehen. Bei einem solchen Vertrag verpflichten sich beide Parteien zur gegenseitigen Übertragung von Vermögenssachen. Generell sind beim Tausch die Vorschriften des Kaufs anzuwenden.
Wie kommt ein Vertrag zustande?
Damit ein Vertrag zustande kommt, bedarf es von jeder Partei eine übereinstimmende Willenserklärung. Ohne diese übereinstimmende Willenserklärung ist jeder Vertrag nichtig. Beide Vertragsparteien müssen ihren Teil der Vereinbarung verstehen und akzeptieren. Erst dann kommt es zu einer übereinstimmenden Willenserklärung.
Eine Willenserklärung besteht aus zwei Teilen: dem inneren Willen und der Äußerung dieses Willens. Der innere Wille ist subjektiv und kann von Außenstehenden nicht wahrgenommen werden. Dazu gehört zum Beispiel der Handlungswillen, also bewusst eine Handlung vorzunehmen oder dem Geschäftswillen, also eine konkrete Rechtsfolge herbeizuführen. Die Äußerung des inneren Willens ist für die Willenserklärung von großer Bedeutung und objektiv. Die Äußerung kann durch verschiedene Wege erfolgen: So kann die Willenserklärung ausdrücklich oder durch schlüssiges Handeln, sofern kein Formerfordernis vorgeschrieben ist, abgegeben werden.
Schlüssiges Handeln liegt zum Beispiel dann vor, wenn Sie Ihre Waren auf das Kassenband eines Supermarktes legen, da Sie so signalisieren, diese zu kaufen. Ausdrückliche Willenserklärung erfolgen entweder mündlich oder schriftlich.
Formvorschriften bei Verträgen und Willenserklärungen
In unserem Alltag werden die meisten Verträge ohne besondere Form abgegeben, da es für viele alltägliche Verträge keine Formvorschrift gilt. So können Sie allein durch Ihr konkludentes (schlüssiges) Handeln an der Supermarktkasse einen Vertrag schließen. Dasselbe gilt auch für die Fahrt mit der Bahn, wenn Sie das Angebot der Beförderung durch Ihr Einsteigen annehmen. Bei beiden Verträgen mussten Sie keinerlei Form befolgen oder Ihre Willenserklärung ausdrücklich äußern.
Es gibt jedoch bestimmte Verträge, da müssen Formvorschriften eingehalten werden. Sollten diese nicht eingehalten werden, so ist der Vertrag nichtig und gilt vor dem Gesetz so, als wären es nie zustande gekommen.
Notarielle Beurkundung
Eine dieser Formvorschriften ist die notarielle Beurkundung bei bestimmten Verträgen. Die bekanntesten Verträge für diese Formvorschrift sind Kaufverträge über Grundstücke. Hierbei müssen die Willenserklärungen der Vertragsparteien abgegeben, vom Notar verschriftlich, vorgelesen und genehmigt werden. Anschließend müssen die Parteien und der Notar diese Niederschrift unterzeichnen.
Sollten Sie den Kauf eines Grundstückes nicht notariell beurkunden lassen, so befolgen Sie nicht das zwingende Recht. Durch diese Nichtbefolgung wird der Vertrag in der Regel nichtig und ist niemals zustande gekommen.
Schriftform
Verträge, die der Schriftform unterliegen, müssen eigenhändig unterschrieben werden. Früher sind alle Verbraucherverträge nur in Schriftform gültig gewesen, auch die Kündigung oder nachträgliche Änderungen unterliegen der Schriftform. Seit dem 01. Oktober 2016 ist die Schriftform bei vielen Verbraucherverträgen nicht mehr zwingend vorgeschrieben. Es gibt jedoch auch Ausnahmen. Alle Altverträge, die vor dem 01. Oktober 2016 unterzeichnet worden sind, unterliegen nach wie vor der Schriftform und müssen dementsprechend auch in Schriftform gekündigt werden. Weiterhin vorgeschrieben ist sie außerdem bei der Kündigung von Arbeitsverträgen, von Mietverträgen oder bei der notariellen Beurkundung.
Textform
Für die meisten anderen Verbraucherverträge gilt mittlerweile die Textform. Textform bedeutet, dass in der Erklärung die Person des Erklärenden (die Person, die die Erklärung abgibt) genannt ist, die Erklärung lesbar ist und die Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden muss. Als dauerhafter Datenträger wird eine gespeicherte E-Mail, ein USB-Stick, eine CD oder ähnliches angesehen.
Vertragspflichten
Wenn Sie einen Vertrag abschließen, gehen Sie damit meistens auch eine Verpflichtung gegenüber dem Vertragspartner ein. Unterschieden werden die Pflichten in leistungsbezogene und nicht leistungsbezogene Pflichten. Die leistungsbezogenen Pflichten beziehen sich direkt auf die Hauptleistung, die im Vertrag festgehalten wurde. Diese Leistung kann zum Beispiel die Zahlung des Kaufpreises durch den Käufer und die Herausgabe der Ware durch den Verkäufer sein.
Nicht leistungsbezogene Pflichten stehen in keinem direkten Zusammenhang zur Hauptleistung, sind aber für den Vertrag relevant. Dazu gehört zum Beispiel die Geheimhaltungspflicht oder die Informationspflicht.
Vertragsverletzungen
Wenn Sie Ihre Vertragspflichten nicht einhalten, so begehen Sie eine Vertragsverletzung. Dabei wird zwischen der Nichtleistung, der Schlechtleistung oder der verspäteten Leistung unterschieden. Bei einer Nichtleistung bringt der Schuldner die im Vertrag festgehaltene Leistung nicht, obwohl die Möglichkeit dafür bestünde. Bei einer Schlechtleistung wird eine mangelhafte Leistung erbracht und nicht die Leistung, die im Vertrag festgehalten worden ist. Eine verspätete Leistung liegt dann vor, wenn die Leistung nicht termingerecht erfolgt. Das kann sowohl die Lieferung der Ware als auch die Bezahlung der Rechnung sein.
Fazit
Verträge sind allgegenwärtig und wir gehen mehr Verträge ein, als wir vermutlich annehmen. Das Fahren mit dem ÖPNV oder der Kauf von einer Zeitschrift am Kiosk – all das sind bereits Verträge, die wir eingehen. Das Vertragsrecht schützt nicht nur uns als Käufer, sondern auch als Verkäufer.
Bei Fragen rund um das Vertragsrecht oder bei Schwierigkeiten mit einem Vertragspartner stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite. Vereinbaren Sie noch heute einen Termin.
Ihre Rechtsanwälte Perner & Grüger