Wenn sich ein Ehepaar scheiden lässt, dann wird häufig eine „Kleinigkeit“ vergessen. Die gemeinsamen Kinder des Ehepaares kriegen häufig mehr mit, als die Erwachsenen bzw. die Ehepartner meinen. Die Kinder sind meistens die, die es am stärksten trifft, wenn Mama und Papa plötzlich nicht mehr zusammen am Tisch sitzen oder nicht mehr zusammen nach der Arbeit zuhause sind. Wie sieht das eigentlich aus mit dem Sorgerecht und wie oft darf das andere Elternteil das eigene Kind sehen? Wir erklären Ihnen alles zum Umgangsrecht und zum Sorgerecht.

Was ist das Sorgerecht?

Das Sorgerecht umfasst das Recht und die Pflicht der Eltern, für das eigene minderjährige Kind zu sorgen. Das Sorgerecht besteht zum einen aus der Personensorge und zum anderen aus der Vermögenssorge. Die Eltern haben das Recht und die Pflicht Entscheidungen für das Kind zu fällen, das Vermögen zu verwalten, Verträge abzuschließen oder seine Rechte zu schützen, durchzusetzen und das Kind zu vertreten.

Personensorge

Zu der Personensorge zählen verschiedene Aspekte, welche die Kinder nicht allein ausüben können. Es geht bei der Personensorge um die Sorge des Kindes. Ebenso umfasst die Personensorge die juristische Vertretung des Kindes. Die juristische Vertretung beinhaltet das Unterschreiben von Verträgen, Anmeldungen oder schriftliche Zustimmungen.

So zählen die Erziehung und die Pflege zur Personensorge, die Aufsichtspflicht sowie die Aufenthaltsbestimmung. Auch ganz grundlegende Dinge, wie die Wahl des Vornamens oder die religiöse Erziehung. Ebenso können die Eltern oder ein Elternteil Rechtsansprüche, wie zum Beispiel Unterhalt, im Namen des Kindes einfordern.

Vermögenssorge

Die Vermögenssorge umfasst die Verwaltung des Kindsvermögens. Dazu zählt der Erhalt des Vermögens, sowie die Vermehrung des Vermögens als auch die sachgerechte Benutzung des Vermögens. Die Erziehungsberechtigten müssen bei Entscheidungen oder Vertragsabschlüssen immer vorteilhaft oder neutral für die Kinder getroffen werden. Dazu muss das Geld gewinnbringend angelegt werden und bei Beendigung der Vermögenssorge dem Kind übergeben.

Wie erhält man das Sorgerecht?

Das Sorgerecht für ein Kind erhält die Mutter automatisch mit der Geburt des Kindes. Sollten die Eltern zum Zeitpunkt der Geburt verheiratet sein, so bekommen beide Elternteile automatisch das gemeinsame Sorgerecht für das Kind. Sind die Eltern nicht verheiratet, bekommt erst einmal die Mutter das Sorgerecht des Kindes. Der Vater kann allerdings das Sorgerecht beantragen.

Um das Sorgerecht zu bekommen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Zuallererst muss die Vaterschaft rechtlich anerkannt werden. Dazu muss der Vater entweder mit der Zustimmung der Mutter das Kind als eigenes Kind anerkennen oder wenn die Vaterschaft durch das Gericht festgestellt wurde. Neben der Vaterschaftsanerkennung muss auch die Sorgeerklärung, also die Erklärung, das gemeinsame Sorgerecht zu übernehmen, erstellt werden und vorliegen. Dann kann das Familiengericht den Eltern das gemeinsame Sorgerecht übertragen, wenn nichts dagegenspricht.

Damit Sie das Sorgerecht mit der Geburt bekommen, ohne verheiratet zu sein, können Sie das Sorgerecht und die Vaterschaftserklärung pränatal, also vor der Geburt, bereits ausfüllen. Damit erhalten Sie bereits zur Geburt das gemeinsame Sorgerecht, auch wenn Sie nicht verheiratet sind.

Sorgerecht nach der Scheidung oder Trennung

Gerade bei Eltern in Scheidung oder in Trennung ist das Sorgerecht ein sehr umstrittener und umkämpfter Bereich. Grundsätzlich haben beide Elternteile die Möglichkeit das alleinige Sorgerecht zu beantragen. Können sich die Eltern jedoch nicht einigen, so kann das Familiengericht das Sorgerecht einem der Elternteile übertragen.

Wichtige Entscheidungsgrundlagen sind zum Beispiel die Bindung an das Elternteil, sowie das soziale Umfeld und vor allem das Kindeswohl. Große Entscheidungen darf nach Vergabe des Sorgerechts nur noch der sorgeberechtigte Elternteil treffen. Kleinere Entscheidungen hingegen trifft das Elternteil, welches das Umgangsrecht hat.

Was ist das Umgangsrecht?

Das Umgangsrecht bezieht sich nicht auf die Sorge um das Kind. Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil und weiteren Familienmitgliedern, um Beziehungen mit diesen nahestehenden Personen zu fördern oder in die Wege zu leiten. Für die Entwicklung des Kindes ist vor allem der Kontakt zu beiden Eltern wichtig und von besonderer Bedeutung. Dem Kindswohl kann es ebenfalls gut tun, wenn das Kind Umgang mit weiteren Personen hat.

Ein Recht auf Umgang mit dem Kind haben nicht nur die Eltern, sondern auch die Großeltern und die Geschwister des Kindes. Neben den direkten Familienmitgliedern haben auch enge Bezugspersonen ein Recht auf Umgang, sofern sie Verantwortung für das Kind tragen oder getragen haben. Nicht nur das Kind hat ein Recht auf Umgang mit den Eltern. Die Eltern sind verpflichtet, aber auch berechtigt Umgang mit dem Kind zu haben.

Wie sieht der Umgang aus?

Der Umgang besteht aus einem regelmäßigen Kontakt, egal ob persönlich oder auch per Brief, E-Mail oder Telefon. Grundsätzlich kann das umgangsberechtigte Elternteil frei darüber entscheiden, wo und was während dem Umgang mit dem Kind gemacht wird. Das betreuende Elternteil kann nicht bestimmen, wo der Umgang stattfindet, wer beim Umgang besucht wird oder was gemacht wird. Auch Übernachtungen oder ein Ferienumgang sind grundsätzlich erlaubt und können nicht verboten werden.

Lediglich wenn das Kindeswohl gefährdet wird, kann das betreuende Elternteil eingreifen und den Umgang zu bestimmten Personen verbieten. Auch das Kennenlernen einer neuen Partnerin oder eines neuen Partners sollte, je nach seelischem Zustand des Kindes, nach hinten verschoben werden.

Umgangsrecht bei einer Scheidung

Wenn die Eltern sich scheiden lassen, bleiben die Kinder bei einem Elternteil. Das andere nicht betreuende Elternteil hat jedoch trotzdem ein Recht auf Umgang mit den eigenen Kindern. Bei einer Scheidung müssen sich die Eltern darüber aussprechen, wie sie den Umgang sicherstellen und ausüben. Dabei können die Eltern einen regelmäßigen Kontakt, wie zum Beispiel jedes zweite Wochenende, vereinbaren. Auch bei alleinigem Sorgerecht hat der nicht betreuenden Elternteil ein Recht auf Umgang mit dem Kind.

Sie sollten aber niemals Ihr eigenes Recht auf den Umgang mit Ihrem Kind voranstellen und so nur Ihre rechtlichen Ansprüche durchzusetzen. Sie sollten allem voran das Recht Ihres Kindes auf beide Eltern stellen.

Uneheliches Kind

Auch bei einem unehelichen Kind hat der biologische Vater ebenfalls ein Recht auf den Umgang mit dem Kind. Früher bekamen biologische Väter nur dann das Umgangsrecht, wenn sie bereits eine Beziehung zu dem Kind hatten. Sollten sie keine Beziehung haben, war es damals fast unmöglich eine Beziehung zum Kind aufzubauen, vor allem wenn die Mutter den Umgang verweigerte.

2013 wurde dieses Gesetz jedoch geändert, wodurch jetzt auch dem biologischen Vater das Umgangsrecht zugesprochen wird, sofern dieser zeigt, Verantwortung für das Kind und für das Kindswohl übernehmen zu wollen.

Rechtlicher, aber nicht leiblicher Vater

Der rechtliche, aber nicht leibliche Vater, auch Stiefvater genannt, hat ebenfalls ein Umgangsrecht mit dem Kind. Der Stiefvater hat durch das Zusammenleben ein sehr enges Verhältnis zum Kind und auch bereits Verantwortung für das Kind übernommen. Es kann auch sein, dass der Stiefvater das Kind adoptiert hat.

Hilfe bei Unstimmigkeiten

Sollten sich die Eltern nicht über das Umgangsrecht einigen können, so kann das Familiengericht eingreifen. Dies ist jedoch nur die Notlösung, da Sie sich als Elternteile einigen sollen. Sie können allerdings zum Jugendamt gehen und dort um Hilfe beten. Diese können dann vermittelnd eingreifen.

Fazit

Sie sollten als Eltern immer das Wohl des Kindes in den Vordergrund stellen, egal ob Sie verheiratet oder geschieden sind. Gerade bei einer Scheidung müssen Sie besonders darauf achten. Das Umgangsrecht ist eine gute Möglichkeit, dem Kind den Kontakt zu beiden Elternteilen zu ermöglichen, diesen Kontakt aufrecht zu erhalten und zu vertiefen. Ein regelmäßiger Kontakt zu beiden Elternteilen ist für die Entwicklung des Kindes von großer Bedeutung.

Ihre Fachanwälte Perner & Grüger