In der juristischen Welt wird immer wieder von Notwehr gesprochen. Doch was ist Notwehr eigentlich und wann wird Notwehr zur Körperverletzung? Was versteht das Gericht unter Körperverletzung? Der folgende Blogbeitrag erklärt Ihnen den schmalen Grat zwischen Notwehr und Körperverletzung und welche Freiheitsstrafen zu erwarten sind.

Was ist Notwehr?

Notwehr ist innerhalb des Strafgesetzbuches (StGB) unter dem vierten Titel erläutert. Nach dem StGB ist Notwehr eine notwendige Verteidigung gegen einen Angriff, der gegen das Recht verstößt. Dabei ist nicht zu unterscheiden, ob man sich selbst verteidigt oder eine andere Person. Verteidigen Sie sich mehr als erforderlich, muss abgewogen werden, ob Sie sich aus Angst, Verwirrung oder Panik stärker verteidigt haben als erforderlich. Passierte dies aus den oben genannten Gründen, werden Sie nicht bestraft, andernfalls kann eine Überschreitung der Notwehr auch als Körperverletzung geahndet werden.

Was ist Körperverletzung?

Körperverletzung wird im StGB unter dem 17. Abschnitt genannt, die „Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit“. Unter Körperverletzung fällt die leichte Körperverletzung, die gefährliche Körperverletzung und die schwere Körperverletzung. Die leichte Körperverletzung beginnt schon bei körperlicher Misshandlung und der Schädigung der Gesundheit anderer Menschen. Der Versuch jemanden zu verletzen steht unter Strafe.

Bei der gefährlichen Körperverletzung werden Verletzungen durch Gift, Waffen, Werkzeugen, Überfälle, mehreren Personen und auch durch eine lebensgefährliche Behandlung geahndet. Auch hierbei gilt der Versuch schon als Straftat.

Unter die schwere Körperverletzung fallen alle Verletzungen, welche das Person nachhaltig schädigen. Dazu gehören unter anderem der Verlust vom Seh- und Hörvermögen, der Fähigkeit zu sprechen und der Verlust von Gliedmaßen.

Strafmaß bei Körperverletzung?

Die Strafen erstrecken sich bei der einfachen Körperverletzung von bis zu 5 Jahren, bei der gefährlichen von 6 Monaten – 10 Jahren und bei der schweren Körperverletzung von 1 – 10 Jahren Haft.

Willigen die Personen in die Körperverletzung ein, wie beispielsweise bei gewissen Sportarten, wird eine Straftat erst dann begangen, wenn die Körperverletzung gegen die menschliche Moral verstößt.

Für Notwehr muss eine Notwehrlage vorliegen

Damit die Verteidigung wirklich auch als Notwehr behandelt wird und somit straffrei bleibt, bedarf es einer Notwehrlage. Notwehrlagen entwickeln sich, wenn rechtwidrige Angriffe gegen eine Person ausgeführt werden. Dann darf sowohl das Opfer im Rahmen der Notwehr sich verteidigen als auch eine dritte Person im Rahmen der Nothilfe das Opfer verteidigen.

Es gibt Situationen, in denen von einer Notwehrlage generell nicht ausgegangen wird. Wird eine Person beleidigt und wehrt sich daraufhin körperlich, ist von einer Notwehrsituation nicht auszugehen, da diese Verteidigung gegen einfache Beleidigungen unverhältnismäßig wäre. Auch bei Angriffen von Kindern, Geisteskranken, psychisch Kranken und schuldunfähigen Personen, wie Betrunkenen, wird häufig keine Notwehrlage anerkannt. Auch hierbei ist die körperliche Verteidigung oft unverhältnismäßig und somit eher als Körperverletzung zu sehen.

Es gibt jedoch aus Ausnahmen diesbezüglich. Wird eine Person von einem Kind, einem Geisteskranken, einer psychisch Kranken oder einer schuldunfähigen Person mit einem Messer angegriffen besteht eine Notwehrlage, in der die Notwehr durchaus gerechtfertigt ist.

Auch wenn eine Person von einer vermeintlichen Notwehrlage ausgeht, kann es durchaus sein, dass die Handlung als Notwehr gerechtfertigt wird. Dies passiert gerade dann, wenn die Person durch einen Irrtum oder durch eine Verwirrung von einer Notwehrlage ausgeht und sich deswegen auch verteidigt.

Nicht alles ist Notwehr

Die Verteidigung gegen einen rechtwidrigen Angriff zählt solange als Notwehr, bis der Angriff beendet wurde. Wird die körperliche Verteidigung danach fortgeführt, wie beispielsweise weitere Tritte oder Schläge, zählt diese Verteidigung nicht mehr als Notwehr, sondern fällt eher unter die Körperverletzung.

Auch die Gemütslage des Opfers nimmt Einfluss auf die Entscheidung, ob in Notwehr gehandelt wurde oder nicht. Ist das Opfer in einem Gemütszustand der Furcht und der Angst und merkt vielleicht gar nicht, dass die Gefahr längst vorüber ist, bleibt dieses Handeln weiterhin straffrei. Das Opfer verteidigt sich zwar übermäßig und nach Beendigung der Gefahr, aber wird aufgrund seiner psychischen Verfassung straffrei bleiben. Handelt das Opfer jedoch aus Wut oder Zorn und verteidigt sich nach Beendigung des Angriffs weiter, wechseln Täter und Opfer die Rollen. Der eigentliche Täter wird zum Opfer und andersrum. Dann besteht kein Recht mehr auf Notwehr und das eigentliche Opfer begeht eine Körperverletzung.

Notwehr und Nothilfe dennoch sinnvoll

Dieser Artikel soll Sie aber in keiner Weise dazu aufrufen, bei einer Notsituation nicht einzugreifen. Oftmals können Sie dann auch aufgrund der unterlassenen Hilfeleistung mit bis zu einem Jahr Haft oder einer Geldstrafe bestraft werden.

Bei Fragen oder zur Klärung von Sachverhalten melden Sie sich gerne bei uns.

Ihre Rechtsanwälte Perner & Grüger