Neben den dinglichen Sachen, dem Vermögen und den Verbindlichkeiten, die durch den Erblasser an die Erben vererbt werden, gibt es noch eine weitere Art von Nachlässen. Gerade in der heutigen Zeit mit den sozialen Medien, Online Abos, Online Dienstleister und Online Shops ist diese Art von Nachlass nicht zu vernachlässigen. Alles, was der Erblasser im Internet genutzt oder besessen hat, geht als digitaler Nachlass in den Besitz der Erben über. Wir erklären Ihnen, wie Sie Ihren digitalen Nachlass richtig vererben.

Was ist der digitale Nachlass?

Wie bereits erwähnt, gehört zum digitalen Nachlass all das, was der Erblasser im Internet genutzt und besessen hat. Es wird auch von der Gesamtheit des digitalen Vermögens gesprochen. Dazu gehören zum Beispiel Daten von Kommunikationsdiensten, Messenger und sozialen Medien wie Facebook oder Snapchat, jegliche Kundenkonten bei Streamingdiensten wie Netflix oder Online Shops wie Amazon. Abos für Zeitschriften oder E-Books gehören ebenso dazu. Außerdem gehören Konten und das damit verbundene Vermögen bei Bezahldienstleistern wie Paypal und Onlinebanken wie die DKB, genauso zum digitalen Nachlass, wie Konten bei Microsoft oder Apple. Selbst etwaige Nutzungsrechte an einer Software oder der Speicherplatz bei Clouddienstleistern gehören dazu.

Aber nicht nur digitale Vermögensgegenstände sind Teil des digitalen Nachlasses, sondern auch alles, was der Erblasser an Hardware besessen hat und die Rechte von eigenen Bildern oder selbstgeschriebenen Blogs und Foren. Neben den Vermögensgegenständen erben die Erben auch die Verbindlichkeiten des Erblassers, also alle offenen Rechnungen bei Online Geschäften und gebuchte Urlaube bei Reiseportalen, gehen ebenfalls mit allen rechtlichen Verpflichtungen in den Besitz der Erben übergehen. Online verkaufte Produkte oder Waren müssen ebenfalls von den Erben an die Käufer versandt werden.

Wie ist die rechtliche Grundlage?

Aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geht im Paragrafen §1922 hervor, dass der gesamte Besitz des Verstorbenen als Erbschaft an einen oder mehrere Erben übergeht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil aus dem Jahre 2018 entschieden, dass zu der Erbschaft auch mögliche Konten in den sozialen Netzwerken gehören und mit vererbt werden können. Jedoch gibt es hierbei eine Ausnahme: Die Erben dürfen das Profil des Erblassers nicht aktiv nutzen. Mit diesem Urteil stellt der BGH den digitalen Nachlass dem materiellen Nachlass gleich.

Neben dem BGB gilt auch das postmortale Persönlichkeitsrecht. Dieses ist ähnlich wie das Persönlichkeitsrecht, welches die Persönlichkeit von Lebenden schützt. Nur schützt das postmortale Persönlichkeitsrecht die Persönlichkeit nach dem Tod. Hierzu zählen zudem das Urheberrecht und das Recht am eigenen Bild. Das Urheberrecht erlischt erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers und das Recht am eigenen Bild erlischt zehn Jahre nach dem Tod. Innerhalb dieser Zeiträume dürfen die Werke und Bilder des Verstorbenen nicht manipuliert oder verbreitet werden.

Außerdem übernehmen der oder die Erben mit der Erbschaft die Verträge und Rechnungen und übernimmt damit auch alle Rechte und Pflichten. Durch die Übernahme der Rechte und Pflichten ist der Erbe verpflichtet, Rechnungen zu bezahlen und verkaufte Waren zu versenden.

Gibt es datenschutzrechtliche Konflikte?

Obwohl die Erben durch den Zugang zum Konto des Verstorbenen auch Zugang zum Nachrichtenverkehr zwischen dem Verstorbenen und Dritten bekommen und somit quasi mit dem Datenschutzrecht in Berührung kommen, werden keine datenschutzrechtlichen Konflikte entstehen. Das liegt vor allem daran, dass die Erben mit der Erbschaft nicht nur das Vermögen, sondern eben auch die Verbindlichkeiten erben. Ebenso sind die Erben verpflichtet, mögliche vertragliche Pflichten zu erfüllen, wodurch eine Zugangsgewährung ebenfalls gerechtfertigt ist. Dies hat der BGH entschieden.

Welche Probleme können auftreten?

Es kann immer wieder zu Problemen kommen, jedoch anders als bei einer materiellen Erbschaft üblich ist. In der digitalen Welt ist vieles mit Kennwörtern geschützt, ohne die Sie nicht auf die Konten zugreifen können. Dies ist jedoch nur eines der Probleme, mit denen die Erben nach der Annahme der Erbschaft konfrontiert werden können. Es gibt einige Probleme, bei denen manche schwerwiegender als andere sind.

Keine Zugänge

Wie bereits erwähnt, sind die Konten der Social Media Plattformen, von Online Shops, von Online Portalen, Blogs, Foren, Dienstleistern und vielem mehr, durch bestimmte Zugangsdaten vor dem Zugriff Dritter geschützt. Das ist auch gut so, da nicht jeder alle Informationen braucht und so die Konten auch vor kriminellen Machenschaften, wie Diebstahl, geschützt sind. Jedoch stellt die Unkenntnis der Zugänge die Erben im Erbfall vor ein großes Problem.

Ohne diese Zugänge können die Erben nicht auf die Konten zugreifen und können so zum Teil auch nicht ihren erworbenen Rechten und Pflichten nachgehen. Wenn Rechnungen noch bezahlt oder kostenpflichtige Abos noch gekündigt werden müssen, sind die Zugangsdaten unumgänglich. Ebenso kann es sein, dass durch fehlende Zugänge mögliche noch bestehende Konten übersehen werden. Das kann rechtliche Auswirkungen auf die Erben haben, gerade wenn es um Rechnungen und Abos geht.

Ewiges „Leben“

Die Konten in den sozialen Netzwerken sind so gesehen digitale Abbildungen der realen Nutzer. Verstirbt jedoch der reale Nutzer, bleibt die digitale Abbildung in den sozialen Netzwerken weiterhin am „Leben“. Andere Nutzer können nach wie vor mit dem Profil interagieren, diesem zum Geburtstag gratulieren, Beiträge kommentieren oder im schlimmsten Fall auch über dieses Profil herziehen. Nicht immer erfahren alle Freunde und Bekannte von dem Tod des Bekannten.

Mittlerweile haben soziale Netzwerke und Online Anbieter wie Facebook und Google Maßnahmen ergriffen, um diesem Problem entgegenzuwirken. So kann auf Facebook das Profil in den Gedenkzustand gesetzt werden und somit auf dem Tod des Nutzers hinweisen. Bei Google können Sie festlegen, was mit Ihren Daten nach Ihrem Tod geschehen soll.

Der richtige Umgang

Die Erben wollen im Sinne des Verstorbenen handeln. Allerdings ist dies nicht immer so einfach umzusetzen und das Handeln im Sinne des Verstorbenen kann von jedem Erben anders ausgelegt werden, wodurch es zu Streitigkeiten kommen kann. Soll das Profil auf Facebook gelöscht oder doch lieber in den Gedenkzustand versetzt werden? Wird die selbsterstellte Homepage gelöscht oder wird sie durch die Erben weiterbetrieben? Solche Fragen können und werden auftreten.

Vorsorge des digitalen Nachlasses

Um diesen Problemen vorzubeugen, können Sie bestimmte Vorkehrungen treffen, damit solche Probleme gar nicht erst auftreten. Vorkehrungen zu treffen ist gerade im Online Bereich zusätzlich von großer Bedeutung, da man schnell den Überblick verlieren kann. Wissen Sie gerade aus dem Stegreif, wie viele Konten Sie haben, welche Abos Sie abonniert haben oder welche Dienstleistungen Sie gekauft haben?

Eine Liste erstellen

Das Internet kann ziemlich schnell unübersichtlich werden. Gerade da es so einfach ist Konten zu erstellen, Abos zu abzuschließen oder Einkäufe zu tätigen. Um ein Chaos vorzubeugen, sollten Sie unbedingt eine Liste mit allen Konten und allen dazugehörigen Zugangsdaten anzulegen. Auf diese Liste gehören die URL, die benötigte E-Mail, das benötigte Passwort, den Nutzernamen oder die Kundennummer und ein kurzer Hinweis dazu, wie mit dem Konto nach dem Tod verfahren werden sollte. Dazu gehören auch Angaben zu möglichen Sicherheitsfragen oder Kosten. Eine übersichtliche und ausführliche Liste gibt nicht nur Ihnen eine Übersicht über alle Ihre Konten, sondern auch Ihren Erben, welche anschließend bestmöglich in Ihrem Sinne mit den Konten verfahren können.

Wie Sie die Liste erstellen, ist Ihnen überlassen. Sie können die Liste an Ihrem Computer mit den dazu passenden Anwendungen wie Word oder Excel erstellen. Allerdings können Sie die Liste auch ganz klassisch mit Stift und Papier erstellen. Mittlerweile gibt es zudem Softwares, wie sogenannte Passwortmanager, in denen Sie alle Ihre Zugangsdaten und Konten eingeben und sichern können. Die Liste hat außerdem einen kleinen positiven Nebeneffekt: Sie haben eine Übersicht über all Ihre Konten und können schnell auf vergessene Passwörter zugreifen.

Der richtige Aufbewahrungsort der Liste

Sie sollten die Liste an einem Ort sichern, welcher die sensiblen Daten vor den Augen von Außenstehenden versteckt. Jedoch sollten Sie diesen Ort auch möglichst einfach erreichen. Von daher gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, eine solche Liste zu verstecken. Sie müssen sich selbst die Frage stellen, was für Sie der sicherste aber zeitgleich auch praktischste Verwahrungsort ist.

Der eigene Computer

Haben Sie Ihre Liste auf Ihrem Computer erstellt, können Sie diese auch ganz einfach auf Ihrem Computer abspeichern. So ist es nah bei Ihnen, es ist geschützt und Sie können jederzeit auf dieses Dokument zugreifen, sobald Sie es brauchen. Jedoch sollten Sie dieses Dokument unbedingt mit einem Passwort schützen, da ihr Computer auch gehackt werden kann. Außerdem sollten Sie mehrere Sicherheitskopien dieses Dokuments anlegen, falls ihr eigener Computer kaputt gehen sollte. Ohne Sicherheitskopien sind alle Daten verloren.

Wenn sich bei Ihren Konten irgendwelche Informationen oder Zugangsdaten ändern sollten, so müssen Sie nicht nur die Liste auf Ihrem Computer anpassen, sondern auch an die Sicherheitskopien denken. Sonst veralten Ihre Daten und sind nicht mehr nutzbar.

USB-Sticks und Festplatten

Wenn Sie Ihre Liste in greifbare Nähe, aber nicht direkt auf Ihrem Computer haben wollen, können Sie eine Festplatte oder einen USB-Stick benutzen. Diese sind nicht kontinuierlich mit dem Internet verbunden und können an einem weiteren sicheren Ort, wie einem Tresor versteckt werden. Selbst bei einem kaputten Computer sind diese noch vorhanden. Allerdings sollte auch hierbei das Dokument passwortgeschützt abgespeichert oder direkt auf einem geschützten Stick gespeichert werden.

Tresor oder Bankschließfach

Wenn Sie die Liste ausdrucken oder handschriftlich verfasst haben, sollten Sie dieses Stück Papier unbedingt abheften und an einem sicheren Ort hinterlegen. Sie können einen kleinen, aber feuerfesten Tresor kaufen, in dem Sie diese Liste anschließend hinterlegen und bei Bedarf jederzeit hervorholen können. Sollten Sie die Liste nicht so oft benötigen, können Sie auch über ein Bankschließfach nachdenken und die Liste dort verschließen lassen.

Bevollmächtigen bestimmen

Um ganz sicher zu gehen, dass alles in Ihrem Sinne geschieht und Sie sich voll und ganz auf die Erfüllung Ihres Willens verlassen können, sollten Sie einen Bevollmächtigen bestimmen, der Ihren digitalen Nachlass verwaltet. Dieser Bevollmächtigte muss nicht zwingend einer der Erben sein, sondern kann ein Freund oder eine Vertrauensperson sein, welche den Erben diese Arbeit abnehmen wird. Sollte es sich bei der Vertrauensperson jedoch nicht um einen Erben handeln, müssen Sie dieser Person eine Vollmacht ausstellen.

Fazit

Der digitale Nachlass ist schwieriger zu erfassen, als der materielle Nachlass, jedoch ist es wichtig, diesen zu erfassen. Es können schwerwiegende Probleme entstehen, wenn Rechnungen nicht beglichen oder vertragliche Pflichten nicht eingehalten werden können. Zudem können Kostenfallen entstehen, wenn Abos übersehen werden.

Achten Sie also darauf, dass Sie neben Ihrem Testament auch eine Übersicht über all Ihre Konten und Abos mit den wichtigsten Informationen erstellen. So stellen Sie Ihre Erben nicht vor eine schwierige und fast unlösbare Aufgabe.

Bei Fragen rund um das Thema Erbschaft können Sie sich jederzeit an uns wenden.

Ihre Fachanwälte Perner & Grüger